Man hatte mich gewarnt. Ein sehr geschätzter älterer Kollege österreichischer Herkunft, der eine der Vorpremieren besucht hatte, war schockiert. Diese Beschreibung der britischen Soldaten, die kurz nach dem zweiten Weltkrieg sich in Südmalaya herumtrieben, um die Stellung der guten Christen gegen die schlimmen kommunistischen Chinesen zu behaupten (wie der Major im Stück es versteht), die Beschreibung der britischen Wehrmacht als verlorener Haufen nutzloser Zivilisten in Uniform oder Damenunterröcken, ein Haufen von albernen Dummköpfen, naiven Draufgängern und homosexuellen Frauendarstellern, die nicht recht zu wissen scheinen, was sie tun, bis sie von einem chinesischen Heckenschützen erschossen oder nach Ablauf ihrer Zeit wieder nach Hause verfrachtet werden – das gehe doch nun wirklich etwas zu weit. Ein abscheuliches, ekelhaftes Stück. Ich war gewarnt und rechnete mit dem Schlimmsten.
Was ich dann sah, überraschte. ‘Privates on Parade’ von Peter Nichols, nach der Uraufführung in Stratford nun vorgestellt im Londoner Aldwych Theatre, ist ein höchst amüsantes, unterhaltsames, witziges Lustspiel mit Hintersinn über die Idiotie der britischen Militärs, ihren haarsträubend blödsinnigen Jargon, die Verbrämung der imperialistischen Ideologie mit christlichen Phrasen, an die einige der Offiziere sogar allen Ernstes noch zu glauben schienen, und den komischen Konflikt zwischen militärischer Disziplin und dem denkbar unmilitärischen Auftritt der Männer in Frauenkleidern bei Soldatenrevues.
Mit der Erinnerung an die soldatischen Vaudevilles schließt Nichols bei seinem Stück ‘Forget-Me-Not-Lane’ an, wie im übrigen an Charles Woods parodistischem Lustspiel ‘Jingo’, das die Stupidität und Arroganz britischer Militärs in Singapur karikierte, das armselige Pathos der Abgesandten einer ruinierten Herrennation. ‘Privates on Parade’ zeigt eine aus allen Waffengattungen gemischte Unterhaltungstruppe, die durch die Lande zieht, um vor den Kameraden zu ‘tingeln’. Ihre Shows bestehen aus Liedern und reveuartigen Tänzen, Parodien auf bekannte Film- und Rundfunkstars und teils witzigen, teils albernen, fast immer frivolen Anspielungen auf das Leben der Soldaten.
Leiter und Hauptdarsteller der Truppe ist ein effeminierter Hauptmann, der grundsätzlich jedermann mit weiblichem Vornamen anspricht. Denis Quilley, einer der besten und vielseitigsten Schauspieler des Nationaltheaters, hat sich mit der Paraderolle des Captain Terry ins Aldwych Theatre locken lassen. Quilley agiert als Regisseur der Truppe und Conférencier der Shows, tritt als Marlene Dietrich, Noel Coward und Carmen Miranda auf, singt und tanzt und reißt das Publikum zu Stürmen der Begeisterung hin.
Das Stück besteht aus einer Folge kabarettistischer Nummern, aus Proben und Vorstellungen der Soldatenrevue, die gelegentlich von Dialogszenen unterbrochen werden, welche die eigentliche Handlung des Lustspiels vorantreiben. Dessen Held ist ein naiver junger Lehrer, der sich in die hübsche halbasiatische Tänzerin, die einzige Frau der Truppe, verliebt und sie am Ende mit nach Hause nimmt. Die melodramatische Geschichte ist nicht viel mehr als ein roter Faden, der die verschiedenen Episoden zusammenhält und den Hintergrund des Stückes beleuchtet. Was hier so absurd, abwegig und anomal erscheint, ist wohl nur der Ausdruck einer gewissen Politik, die die absurden Situationen erfand, in denen sich solche Charaktere entwickeln konnten
Eine Farce, mag sein, doch ein Stück britischer Geschichte. Denis Quilley und die Schauspieler der Royal Shakespeare Company unter der Regie von Michael Blakemore machen daraus einen überaus vergnüglichen Theaterabend.