Die 'Vereinigung der besorgten Amerikaner im Ausland’ hatte eingeladen zu “einer neuen Form von Fremdenführung”. Die Firma ‘Bonkers irregeleitete Ausflüge GmbH’ werde von Sonntag bis Freitag der folgenden Woche kostenlose Führungen zu den stattlichen Südlondoner Wohnhäusern von Agenten des amerikanischen Geheimdienstes CIA veranstalten, der die britische Hauptstadt zur Operationszentrale Europa gemacht habe. “Dies ist kein Scherz!“, hieß es. Personen, die an der kleinen unterhaltsamen Wanderung teilnehmen wollten, würden ersucht, sich um 1:00 Uhr mittags auf dem Sloane Square in Chelsea zu versammeln, um in Begleitung der Straßenkomödianten des Ambiance Lunchhour Theatre Clubs unter der Direktion von Ed Berman in vergnüglicher Stimmung zu einem vorher geheim gehaltenen Ausflugsziel zu spazieren.
Ed Berman, Leiter der gemeinnützigen Vereinigung Inter-Action, die vom Europarat mehrfach als hervorragendes Beispiel für ebenso phantasievolles, wie erfolgreiches Wirken im Bereich der sogenannten Community Work gepriesen wurde, hat das Gewicht seines Namens und das Ansehen seiner Organisation in die Waagschale geworfen, weil die Sache, um die es bei dieser straßentheatralischen Veranstaltung geht, ihn als Ex-Amerikaner, der seit dreizehn Jahren in London lebt und hier wie viele seiner jüngeren Landsleute eine zweite Heimat gefunden hat, sehr persönlich betrifft. Es beunruhigt und empört ihn der Gedanke, daß England als Basis für subversive Aktivitäten der CIA dienen könne, die sich gegen die demokratische Ordnung anderer Länder richten.
Die närrischen Führungen zu den Häusern von Spitzenfunktionären des amerikanischen Geheimdienstes verfolgen das ernste Ziel, die Arbeit der CIA bloßzustellen und damit zu stören.
Die etwa 200 Personen starke Gruppe von Leuten, die am Eröffnungstag Ed Berman im bedeutungsvoll roten Kostüm eines Weihnachtsmannes mit Schirmmütze und Megaphon wie einem zweiten Rattenfänger von Hameln durch die Straßen von Chelsea folgte, wurde von vier Londoner Polizisten eskortiert, die dafür sorgen sollten, daß der Verkehr nicht behindert wurde. Die gute Laune der friedlichen Demonstranten schien ansteckend zu sein. Ed Bermans witzige Kommentare und Dialoge mit Anwohnern, die aus den Fenstern dem Spektakel von oben zuschauten, machte den jungen Bobbies sichtlich Spaß. Als die Gruppe in South Eaton Place einbog, fuhr plötzlich ein Wagen vor mit einem Polizeioffizier, der auf diesen Augenblick gewartet zu haben schien. Der Offizier wollte wissen, was Berman in dieser Straße zu tun beabsichtige. Berman erklärte, daß man vor dem Haus 24 South Eaton Place halt zu machen gedenke, dem Sitz des Leiters der CIA in Großbritannien Cord Meyer jun. Dort sei die Vorführung eines Sketches geplant, der etwa 10 Minuten dauere. Anschließend wolle man Cord Meyer jun. bitten, sich am Fenster zu zeigen, um ein paar freundliche Worte zu sagen.
Der Polizeioffizier, der offenbar nur gekommen war, um den wortgewandten Anführer der Straßenkomödianten einzuschüchtern und dieser Aufgabe mit erschütternder Einfallslosigkeit nachkam, bot sich an, im Haus des Herrn Meyer anzufragen, ob der CIA-Chef sich dem Volke zeigen wolle.
Nach einer kleinen Pantomime mit Spottliedern und grotesken Scheingefechten maskierter Agenten mit vier Gesichtern und acht Extremitäten schritt Ed Berman mit theatralischer Pose auf den pompösen Eingang des Hauses zu, um anzuklopfen.
“Wenn ich noch einmal einen Wachtmeister erwische, der über meine Witze lacht”, hatte er kurz zuvor unter dem Jubel des Publikums ausgerufen, “sehe ich mich leider gezwungen, ihn seinem Vorgesetzten zu melden“. Der angesprochene Bobby versteinerte.
Ein Herr beschwerte sich über die Ruhestörung. Eine Dame trat aus einem der Nachbarhäuser und rief: “Sollten Sie hier nicht auch verkünden, wem das Haus des Herrn Meyer in Wahrheit gehört, nämlich dem Grafen von Westminster?”.
Herr Meyer ließ durch den Polizeioffizier wissen, er sei nicht zu Hause.
Politisches Theater steht in dem schlechten Ruf, humorlos mit hölzernem Hammer bekehren zu wollen. Über das Unwesen einer Organisation zu informieren, die, wie man beiläufig erfährt, daran arbeitet, rechtmäßig gewählte Regierungen zu stürzen, um sie durch US-hörige Puppenkabinette zu ersetzen, und zu diesem Zwecke Bestechung von Beamten, Gewerkschaftsfunktionären und Geschäftsleuten in gigantischem Ausmaß betreibt, private Armeen und Luftwaffen unterhält (wie in Laos) und nachweisbar am Sturz progressiverer Regierungen im Kongo, in Uruguay, Santa Domingo, Chile, Kuba, Griechenland und in der Türkei beteiligt war, – darüber zu informieren, ist eine demokratische Tat, zu der heute viel Mut gehört. Die Begabung, dergleichen mit Witz tun zu können, das bösartig Gefährliche dem entwaffnenden Gelächter auszuliefern, verdient, wie ich meine, besonderen Respekt.